Elemente und Moleküle, Schulbuch

129 ORGANISCHE CHEMIE Abb. 129.1: Friedrich Wöhler (1800–1882) Abb. 129.2: Organische Moleküle H C H H H C H 2 C HC C CH 2 CH CH CH 3 CH 3 H 3 C C C O H H H H H H C C C S H N H H H H O H O H Methan: Hauptbestandteil des Erdgases Terpinen: enthalten im Zitronenöl Ethanol: Der bekannte Weingeist Cystein: Eine schwefel- hältige Aminosäure Testosteron: Ein Sexualhormon O O H CH 3 CH 3 Die Anfänge Die „Kunst“ der Chemie verbreitete sich als Alchemie von Ägypten (arab. chem: Name für Ägypten, aber auch Wort für „schwarz“) über Spanien nach Europa. Die Alchemisten beschäftigten sich vorwiegend mit mineralischen Stoffen, Erzen und Metallen. Im 16. Jh. entwickelte sich eine neue Periode der Chemie, die Iatrochemie (griech.: iatros = Arzt, Heilkundiger), deren Vertreter sich als Unterstützer der Mediziner an- sahen und sich daher vornehmlich der Bereitung von Medikamenten aus pflanzli- chen und tierischen Rohstoffen widmeten. Bekanntester Vertreter der Iatrochemie war Theophrastus Bombastus von Hohenheim , genannt Paracelsus (1494–1541), der unter anderem in Salzburg lehrte. Aus diesen beiden Wurzeln, der Alchemie einerseits und der Iatrochemie anderer- seits, entwickelten sich zwei Richtungen der Chemie. Eine erste Einteilung in orga- nische und unorganische Stoffe findet man bereits bei Johann Daniel Mylius (1618). Lange Zeit nahm man an, dass zur Erschaffung organischer Stoffe eine „vis vitalis“ genannte Lebenskraft nötig sei, da man in der Natur nur Vorgänge beobachten konnte, bei denen sich organische Stoffe zu unorganischen zersetzten, nicht aber umgekehrt. Diese Vorstellung wurde 1828 von Friedrich Wöhler (1800 – 1882) durch seinen berühmt gewordenen Versuch widerlegt. Er schrieb damals voller Euphorie an Berzelius: „... denn ich kann, so zu sagen, mein chemisches Wasser nicht halten und muss Ihnen sagen, dass ich Harnstoff machen kann, ohne dazu Nieren oder über- haupt ein Tier, sei es Mensch oder Hund, nötig zu haben. Das cyansaure Ammonium ist Harnstoff ...“ Es war ihm gelungen, aus dem mineralischen Salz Ammoniumcyanat Harnstoff herzustellen, eine Substanz, die bislang nur in der Niere tierischer Orga- nismen synthetisiert wurde. Beginnend mit Mitte des 19. Jhs. häuften sich die Entdeckungen organischer Stoffe und gleichzeitig begann sich eine Industrie zu entwickeln, die diese Produkte in gro- ßem Maßstab auf den Markt brachte. Farbstoffe zur Färbung von Textilien standen dabei im Vordergrund. Die Namen mancher heute noch bestehender Firmen zeigen das eindrucksvoll (BASF – Badische Anilin- und Sodafabriken, AGFA – Aktiengesell- schaft für Anilinfarben etc.). Neben den Farbstoffen entwickelten sich im 20. Jh. vor allem Kunstfasern, Kunst- stoffe, Pestizide, Konservierungsmittel und Medikamente zu Produkten der organi- schen Chemie mit großer Bedeutung. Organische Chemie heute Die organische Chemie hat sich im Laufe der Zeit weit von ihrem Ursprung entfernt. Heute versteht man unter organischer Chemie die Chemie der Kohlenstoffverbin- dungen . Nur der elementare Kohlenstoff, seine Oxide, die Kohlensäure, Carbonate und Carbide, zählen zur anorganischen Chemie. Zur Zeit sind mehr als 30 Millionen organische Verbindungen bekannt. Ihre Vielfalt reicht vom einfachsten organischen Molekül, dem Methan, bis zu komplizierten, teilweise sehr großen Molekülen, die entweder natürlich vorkommen oder synthetisch hergestellt werden (Abb. 129.2). Die mögliche Zahl der verknüpften C-Atome ist praktisch unbegrenzt. Kohlenstoff- Atome können sich zu linearen und verzweigten Ketten, zu Ringen und Gerüsten verbinden. Am Aufbau organischer Stoffe sind nur wenige Atomsorten beteiligt. Eine Vielzahl organischer Verbindungen besteht nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff (Kohlen- wasserstoffe). Auch Sauerstoff und in weiterer Folge Stickstoff, Schwefel und Phos- phor sind wichtige Elemente in organischen Verbindungen. Die Trennung der Stoffe in organische und anorganische erweist sich, trotz oftma- liger Bestrebungen sie aufzuheben, als sinnvoll. Es bestehen deutliche Unterschiede bei technischen Verfahren, bei Analysenmethoden und auch bei den Rohstoffen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=