Elemente und Moleküle, Schulbuch

115 6.2 lUFTSchaDSTOFFe UnD ihre BeSeiTigUng Ebenfalls zur Vermeidung von Deponieprodukten gibt es Anlagen, in denen das SO 2 durch Adsorption an Aktivkoks (eine besonders oberflächenreiche Form des Kokses) abgetrennt wird. Durch Erhitzen des Aktivkokses kann das SO 2 wieder desorbiert und als SO 2 -Reichgas (SO 2 -Gehalt bis 50 %) zur Schwefelsäureherstellung eingesetzt werden. Die Adsorption erreicht allerdings nicht so gute Wirkungsgrade wie die chemischen Umsetzungen. Bei der Müllverbrennung entstehen beträchtliche Mengen Hydrogenchlorid (HCl), die ebenfalls saure Niederschläge bewirken. Das Hydrogenchlorid stammt etwa zur Hälfte aus der Verbrennung des Kunststoffes PVC, zur anderen Hälfte aus Natrium- chlorid, das sich bei hohen Verbrennungstemperaturen mit Wasserdampf zu HCl umsetzt. Da Chlorwasserstoff aber ausgezeichnet wasserlöslich ist, lässt er sich problemlos mit Natronlauge oder Calciumhydroxid-Lösung aus dem Abgas entfer- nen. Auch der in kleineren Mengen entstehende Fluorwasserstoff wird damit abge- schieden. Müllverbrennungsanlagen mit Abgasreinigung sind daher in dieser Hin- sicht unproblematisch. Trotzdem wird die Verbrennung von Müll mit Skepsis betrachtet, da dabei in Spuren die hochgiftigen chlorierten Dioxine und Furane entstehen, besonders, wenn die Verbrennungstemperatur nicht hoch genug ist. Diese Spurenstoffe lassen sich nicht wirkungsvoll aus dem Abgas entfernen. Eine weitere Komponente des sauren Regens ist Salpetersäure . Sie entsteht aus Stickstoffoxiden , die in kleinen Mengen bei jeder Verbrennung unvermeidlich sind, da sich Luftstickstoff bei hoher Temperatur mit Sauerstoff umsetzt. Je höher die Verbrennungstemperatur, desto mehr Stickstoffoxide entstehen. Sie werden meist als „ Stickoxide “ bezeichnet. Damit meint man ein Gemisch aus NO, NO 2 und N 2 O 4 . Emittenten sind hier kalorische Kraftwerke, besonders erdgasbetriebene, da Methan eine höhere Flammentemperatur besitzt als Öl oder Kohle. Großkraftwerke haben daher zunehmend auch Entstickungsanlagen. Dort werden die Stickstoffoxide mit genau zudosierten Mengen Ammoniak an Katalysatoren umgesetzt (Abb. 115.2). Stickstoffoxide stammen aber nicht nur aus Kraftwerken und Industrieanlagen. Der Hausbrand liefert beträchtliche Mengen und eine der Hauptquellen ist der Straßen- verkehr durch die hohe Verbrennungstemperatur des verdichteten Kraftstoff-Luft- Gemisches. Durch die vielfältigen Emissionsquellen ist das Problem der Stickstoff- oxide viel schwieriger zu lösen als das der SO 2 -Emissionen. Dazu kommt, dass die Stickstoffoxide an der Entstehung eines weiteren Komplexes von Luftschadstoffen beteiligt sind: am fotochemischen Smog. Staub – elektrostatische Entstaubung Bei vielen großtechnischen Prozessen entsteht Staub. Bekannt sind Staubbelastun- gen durch die Kalk- und Zementindustrie, die Herstellung von Eisen und Stahl, aber auch Feuerungsanlagen für Kohlekraftwerke, die große Mengen Flugasche produ- zieren. Staub ist besonders problematisch, wenn er lungengängig ist. Je kleiner die Staubpartikel sind, desto weniger wird der Staub vom Flimmerepithel in den Bron- chien zurückgehalten und wieder aus dem Körper befördert. Partikel mit weniger als 10 µm Durchmesser dringen bis in die Lungenbläschen vor und werden dort abgelagert. Sie können zu verstärktem Wachstum von Bindegewebe führen und Lungenkrebs auslösen. Besonders Silicatstaub und Asbest sind gefährlich (Silicose, Asbestose). Eines der wirkungsvollsten Verfahren zur Entstaubung ist die Elektrofiltration . Im Abgasstrom wird eine Sprühkatode eingebaut. Sie besteht aus dünnen Drähten ho- her negativer Gleichspannung. Durch die hohe Feldstärke lösen sich Elektronen vom Draht und laden die Staubteilchen negativ auf. Diese werden dann an einer Anode niedergeschlagen. Mit dieser Methode lässt sich nicht nur Staub, sondern auch Ae- rosole (winzige Flüssigkeitströpfchen) aus dem Abgas entfernen (Abb. 115.3). Die Elektrofiltration dient nicht nur dem Umweltschutz, sondern in vielen Fällen auch der Rückgewinnung von Wertstoffen, die sonst mit dem Abgas verloren gingen. Abgasreinigungstechniken zur Abtrennung von Gasen beruhen häufig darauf, das Schadstoffgas durch chemische Reaktionen in feste Stoffe umzuwandeln. Auch hier ist eine anschließende Entstaubung zur Abtrennung der Feststoffe notwendig. Rohgas Reingas Elektro- Filter Entschwefelung NH 3 Kalkhältiges Wasser Staub Gips Aus dem Dampfkessel zum Kamin DENOX - Anlage Entstickung Wärmetauscher Katalysator ROH- LUFT REINLUFT STAUB ■ 115.1: Modellversuch Elektrofiltration In eine Glaskugel mit drei Öffnungen oder eine Wulff´sche Flasche werden zwei Eisen- stifte als Elektroden eingesetzt. Entfernung der Elektrodenspitzen etwa 0,5 bis 1 cm. Die Elektroden werden mit einer Hochspannungs- quelle (Funkeninduktor, Bandgenerator, Hoch- spannungstrafo) verbunden. Man bläst Ziga- rettenrauch durch die dritte Öffnung in das Gefäß. Nach Einschalten der Hochspannung schlägt sich der Rauch augenblicklich an den Elektroden nieder. (Funktioniert auch mit Wechselspannung.) LeHReRVeRSUCH Abb. 115.3: Elektrofilter Abb. 115.2: Abgasentstickung 2 NH 3 + 3 NO 2,5 N 2 + 3 H 2 O Abb. 115.1: Entstickung durch Reaktion mit NH 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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