Elemente und Moleküle, Schulbuch

114 6 LUft, WASSeR, BoDeN – UNSeRe UMWeLt Saure Niederschläge Bekannt geworden sind saure Niederschläge unter dem Schlagwort „ saurer Regen “ (Abb. 114.1). Aber auch Schnee, Nebel und Tau können sehr niedrige pH-Werte ha- ben. In Gegenden wie in Tschechien und den neuen deutschen Bundesländern, wo sie besonders stark auftreten, sind sie die Hauptursache des Waldsterbens . Sie schädigen einerseits Blätter und Nadeln der Bäume direkt und führen andererseits zu Bodenübersäuerung, die wieder zu Waldschäden führt. (Durch den Abfall des pH-Wertes gehen für Pflanzen toxische Al 3+ -Ionen in Lösung.) Besonders kalkarme Böden sind gefährdet. Der Kalk wirkt durch die basische Reaktion des Carbonat-Ions als Puffer gegen Übersäuerung. Fehlt diese Pufferwirkung, wird nicht nur der Boden sauer, sondern auch Flüsse und Seen. Die häufigste Ursache saurer Niederschläge ist die Schwefelsäure. Sie entsteht aus Emissionen von Schwefeldioxid (SO 2 ), die mit Luftsauerstoff und Luftfeuchtigkeit langsam zu Schwefelsäure reagieren. Hauptemissionsquelle für SO 2 ist weltweit die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die einen Schwefelgehalt von einigen Prozenten haben können. Daneben sind Schwe- felsäurefabriken ohne Doppelkatalyse und das Rösten von sulfidischen Erzen ohne Entschwefelungsanlagen weitere bedeutende SO 2 -Emittenten. Die wirkungsvollste Maßnahme gegen SO 2 -Emissionen ist das Entschwefeln der Kraftstoffe und des Erdgases (Abb. 114.2). In Österreich sind die Kraftstoffe so weit entschwefelt, dass der Straßenverkehr fast keinen Beitrag zu den SO 2 -Emissionen liefert. Benzin hat fast keinen Schwefelgehalt, Dieselöl und Heizöl extra leicht haben einen Schwefelgehalt von unter 0,2 %. Die Entschwefelung ist aber nur bei ver- dampfbaren Brennstoffen problemlos. Daher enthalten Heizöl schwer und vor allem Kohle beträchtliche Schwefelanteile. Kalorische Kraftwerke wurden in Österreich in vielen Fällen auf das schwefelfreie Erdgas umgestellt. In Kohlekraftwerken wie zB in Dürnrohr wird schwefelhältige Kohle verfeuert. In diesen Fällen ist eine Entschwe- felung der Abgase unumgänglich. Die SO 2 -Emissionen sind in Österreich durch solche Maßnahmen, durch gesetzliche Auflagen für Industriebetriebe und die Verdrängung von Kohleheizungen im Hausbrand durch Gas, Öl oder Fernwärme in den letzten Jahren zurückgegangen. Die teilweise katastrophalen Waldschäden in Tschechien sind auf den Einsatz schwefelreicher Braunkohlen in Großkraftwerken ohne Ab- gasentschwefelung zurückzuführen. Abgasentschwefelungsanlagen sind bei Kohlekraftwerken und bei der Verarbeitung sulfidischer Erze unumgänglich (Abb. 114.3). Bei der Entschwefelung wird eine Auf- schlämmung von Calciumhydroxid in das Abgas eingesprüht. Das SO 2 reagiert mit dem Calciumhydroxid zu Calciumsulfit. Dieses kann mit dem Sauerstoffüberschuss im Abgas zu Calciumsulfat weiterreagieren. Der entstehende Gips wird mit Entstau- bungsanlagen abgetrennt und kann theoretisch als Baustoff verwendet werden. (Abb. 114.4; Siehe Kap. 5.5) In der Praxis enthält er aber meist zu viel Sulfit und ist daher ein Deponieprodukt oder er wird durch die Zementindustrie entsorgt. Ein Problem bei der Entschwefelung ist, dass sich das Abgas bei diesem Prozess abkühlt und daher nicht mehr durch den Schornstein abzieht. Das Problem wurde früher so gelöst, dass man etwa 60 % des Abgases entschwefelte und mit den rest- lichen 40 % des unentschwefelten, aber heißen Abgases vermischte. Die Temperatur des Mischgases war für die Kaminwirkung noch hoch genug. Heute fordert man von Entschwefelungsanlagen Wirkungsgrade von 95 %. Daher muss das gesamte Abgas erfasst werden. Die Wärme wird ihm nach der Entschwefelung durch ein System von Wärmetauschern aus dem heißen Abgas vor der Entschwefelung zugeführt. Entschwefelungsanlagen sind daher komplizierte und kostenintensive Konstrukti- onen und nicht bloß „Filter“, wie sie in der öffentlichen Diskussion immer bezeichnet werden. Um das Deponieprodukt Calciumsulfat/Calciumsulfit (CaSO 4 /CaSO 3 ) zu vermeiden, wurden in Deutschland Versuchsanlagen zur Abgasentschwefelung mit Ammoniak gebaut. Als Produkt erhält man Ammoniumsulfat, das als Düngemittel Verwendung findet. SO 2 NO X HF HCl H 2 SO 3 H 2 SO 4 HNO 3 HF HCl " Saurer Regen" EM I S S I O N I MM I S S I O N flüssige u. gasförmige Brennstoffe Treibstoffe Schwefelfreie Brennstoffe Treibstoffe Raffinerie Verbraucher S " Schwefelfreies" Abgas feste Brennstoffe, Heizöl schwer Abgas mit SO 2 Verfeuerung Abgasreinigung Schwefel als Gips od. Element Ca(OH) 2 + SO 2 → CaSO 3 + H 2 O Ca(OH) 2 + SO 2 + 0,5 O 2 → CaSO 4 + H 2 O Abb. 114.4: Reaktionen bei der Abgasentschwefelung Abb. 114.3: Abgasentschwefelung Abb. 114.2: Brennstoffentschwefelung Abb. 114.1: Saure Niederschläge Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

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