Elemente, Schulbuch

76 Volumetrie oder Titration Da Protolysereaktionen zu einem sich rasch einstellenden Gleichgewicht führen, sind sie für quantitative Bestimmungen gut geeignet. Die Methode heißt Volumetrie, die praktische Durchführung Titration. Mit Hilfe einer starken Säure bzw. Base bekannter Konzentration – Titerlösung – kann durch exakte Volumsmessung die Konzentration einer Base bzw. Säure be- stimmt werden. Der Endpunkt der ablaufenden Reaktion H 3 O + + OH – 2 H 2 O kann mit Hilfe eines Indikators oder pH-Meters erkennbar gemacht werden. Diese Reaktion wird als Neutralisation – Bildung von Wasser – bezeichnet, obwohl durch die Bildung von Anionen aus der Säure und Kationen aus der Base nicht im- mer neutrale Lösungen (pH = 7) entstehen. Arbeitsweise: Titer: NaOH c = 1 mol/Liter 10 mL einer Säure mit unbekannter Konzentration werden im Titrierkolben vorge- legt. Indikator wird zugefügt (man sieht die Farbe der Indikatorsäure). Aus der Bü- rette wird langsam unter ständigem Schwenken des Titrierkolbens NaOH zugefügt. Durch die Zugabe der Natronlauge erfolgt eine ständige Änderung des pH-Wertes, die mit Hilfe eines pH-Meters verfolgt werden kann. Der Reaktionsverlauf und damit der Kurvenverlauf sind abhängig von der Stärke der Säure (Abb. 76.1 und Abb. 76.2). Beispiel: starke Säure: HCl HCl + NaOH NaCl + H 2 O H 3 O + aq + Cl – aq + Na + aq + OH – aq 2 H 2 O + Na + aq + Cl – aq Es reagieren nur H 3 O + aq und OH – aq . Zu Beginn ändert sich der pH-Wert sehr wenig. Haben 90 % der vorhandenen Säure reagiert (bei einer HCl-Konzentration von 1 mol/L wäre das nach Zugabe von 9 mL NaOH der Fall), so ist noch immer ein Zehntel der ursprünglichen Säure vorhanden und der pH-Wert hat sich nur um eine Einheit geändert. Für einen weiteren pH- Sprung um eine Einheit müssen wiederum 90 % der noch vorhandenen Säure (dh. 99 % der ursprünglich vorhandenen) reagieren. Dafür ist aber nur mehr ein Zehntel der vorherigen Basenmenge (dh. 0,9 mL in unserem Fall) nötig. Der pH-Wert steigt sprunghaft an, wenn gilt: c (H 3 O + ) = c (OH – ). Hier bewirkt ein Tropfen NaOH das An- steigen des pH-Wertes um 4 bis 5 Einheiten. Den stöchiometrischen Endpunkt der Reaktion bezeichnet man als Äquivalenzpunkt. Dieser liegt in unserem Beispiel bei pH = 7, da nur neutral reagierende Stoffe entstanden sind (Abb. 76.1). Beispiel: schwache Säure: CH 3 COOH = HAc HAc + NaOH NaAc + H 2 O HAc + Na + aq + OH – aq H 2 O + Na + aq + Ac – aq Es reagiert hauptsächlich nicht protolysierte HAc mit OH – aq . Daher entsteht die Base Ac – . Auch diese Titrationskurve zeigt einen pH-Sprung um den Äquivalenzpunkt, der al- lerdings kleiner ist als bei einer starken Säure gleicher Konzentration. Charakteris- tisch für diese Titrationskurve ist ein zweiter Wendepunkt der Kurve, der bei der halben Menge der benötigten Base liegt. Zu diesem Zeitpunkt haben 50 % der Es- sigsäure mit NaOH zu Acetat-Ionen und Wasser reagiert. Es liegt damit ein 1:1-Puffer (Essigsäure/Acetat) vor und der pH-Wert entspricht dem p K A -Wert der Essigsäure. Durch Titration kann daher auch der p K A -Wert von schwachen Säuren bestimmt werden. Der Äquivalenzpunkt liegt im basischen Bereich, da durch die Reaktion ba- sisch reagierende Acetat-Ionen entstehen (Abb. 76.2). Abb. 76.3: Titrationskurve von starker Säure und schwacher Base Abb. 76.2: Titrationskurve von schwacher Säure und starker Base Abb. 76.1: Titrationskurve von starker Säure und starker Base 7 13 5 11 3 9 1 0,1-M-NaOH 0,1-M-HCl 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 0 Zugesetzte mL HCl (c = 0,1 mol/L) Zugesetzte mL NaOH (c = 0,1 mol/L) pH-Wert 7 13 5 11 3 9 1 0,1-M-NaOH 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 0 Zugesetzte mL HAc (c = 0,1 mol/L) Zugesetzte mL NaOH (c = 0,1 mol/L) pH-Wert 0,1-M-HAc p K A (HAc ) 7 13 5 11 3 9 1 0,1-M-NH 4 OH 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 0 Zugesetzte mL HCl (c = 0,1 mol/L) Zugesetzte mL NH 4 OH (c = 0,1 mol/L) pH-Wert 0,1-M-HCl p K B (NH 3 ) 4 ANORGaNISCHE REaKTIONSTYPEN Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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