Elemente, Schulbuch
133 6.1 DIe atMOsPhÄre einen Schutz vor energiereicher Strahlung. Sie wird durch verschiedene, durch menschliche Aktivitäten emittierte Gase angegriffen und abgebaut (Abb. 133.1). Hier sind vor allem die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) zu nennen. Sie werden in der Stratosphäre fotochemisch zersetzt, wobei Chlor-Atome entstehen. Diese haben eine katalytische Wirkung auf die Zerlegung von Ozon in Sauerstoff (Abb. 133.2). Wie stark dieser Ozonabbau schon fortgeschritten ist, wurde durch die Entdeckung des „ Ozonlochs “ über der Antarktis bewusst. Seit 1975, dem ersten Jahr mit konti- nuierlichen Beobachtungen, haben die Ozonwerte im antarktischen Frühjahr (Sep- tember) jährlich stärker abgenommen. Sie betragen heute nur mehr 50 % des ur- sprünglichen Werts. Als Grund nimmt man an, dass die Stickstoffoxide zusammen mit Wasser-Molekülen bei den extrem tiefen Temperaturen zu dieser Jahreszeit zu fester Salpetersäure frieren (polare Stratosphärenwolken). Die Stickstoffoxide, ob- wohl selbst Ozon abbauend, stören die katalytische Wirkung des Chlors auf den Ozonabbau (Abb. 133.3). Fehlen sie, so wird das Chlor wirksamer als bei ihrer Anwe- senheit. Aus diesem Grund ist der Einsatz von FCKWs in Spraydosen als Treibgas in Öster- reich verboten und auch die Verwendung zum Kunststoffschäumen wird einge- schränkt. Als Wärmeüberträgergas in Kühlschränken müssen diese Substanzen verpflichtend recycliert werden. Neuerdings werden auch über der Arktis im Winter und Frühjahr sinkende Ozonwer- te festgestellt, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie über der Antarktis. Würde man den Einsatz von FCKWs weltweit sofort beenden, blieben die in der Atmosphäre befindlichen Mengen entsprechend Schätzungen allerdings noch etwa ein Jahrhun- dert wirksam. Entstehung und Entwicklung der Atmosphäre Durch den freien Sauerstoff wirkt die Atmosphäre oxidierend. Dies war nicht immer so. Die Uratmosphäre der Erde, die wahrscheinlich aus Vulkangasen gebildet wurde, enthielt keinen freien Sauerstoff. Dies weiß man, weil in geologisch alten Erzlager- stätten Verwitterungsspuren nachgewiesen worden sind, das Erz also einmal an der Erdoberfläche gewesen sein muss. Trotzdem lag das Eisen im Erz ausschließlich als Fe 2+ -Ion vor. In einer Atmosphäre, die Sauerstoff enthält, wird Fe 2+ aber rasch zu Fe 3+ oxidiert. Man nimmt heute an, dass die Uratmosphäre vor allem aus Stickstoff, Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff aufgebaut war. Sie war also reduzie- rend (Abb. 133.4). In dieser reduzierenden Atmosphäre entstanden unter dem Einfluss von kurzwel- liger UV-Strahlung der Sonne und elektrischen Entladungen (Gewitter) eine Reihe von Verbindungen, die als chemische Vorstufen des Lebens angesehen werden. Um diese These zu beweisen, hat der amerikanische Chemiker Stanley Miller 1953 noch als Student auf eine Mischung von Methan, Ammoniak und Wasser elektrische Ent- ladungen einwirken lassen. (Abb. 134.3) Nach etwa 24 Stunden untersuchte er das Gemisch und fand drei Aminosäuren, die auch im natürlichen Eiweiß vorkommen. Das Ergebnis war so sensationell, dass das Experiment in vielen Labors wiederholt wurde. Man variierte die Ausgangsgase, indem man Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Blausäure zusetzte, und wiederholte das Experiment mit UV-Strahlung als Ener- giequelle. Dabei gelang es, alle Aminosäuren, die Bausteine der Eiweißstoffe, Zu- ckermoleküle, Nucleinsäuren, die Bausteine der DNA und sogar Porphyrine, also chemische Vorstufen des Chlorophylls, herzustellen. Wenn man bedenkt, dass sich diese Verbindungen in wenigen Tagen bis Wochen bilden, so kann man sich vorstel- len, dass in den Hunderten Millionen Jahren, die für diese „chemische Evolution“ zur Verfügung standen, genügend Grundmoleküle für die Entstehung komplexerer Strukturen gebildet wurden. Es stellt sich natürlich die Frage, wie aus der reduzierenden Uratmosphäre unsere heutige oxidierende Atmosphäre wurde. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich in einer einfachen Reaktion, der Fotolyse des Wassers. Kurzwellige UV-Strahlung, die von der Sonne reichlich zur Verfügung stand und steht, hat eine so hohe Quanten- energie, dass sie die Bindung zwischen Wasserstoff und Sauerstoff im Wasser-Mo- lekül spalten kann. Der dabei gebildete Wasserstoff stieg in der Uratmosphäre nach oben. Er konnte von der Erdschwerkraft nicht gehalten werden und entwich ins 2 O UV kurzwellig UV langwellig O O 2 Reaktion mit anderen Teilchen Ozonbildung Ozonzerfall O 2 O 3 Cl + O 3 → ClO + O 2 ClO + O → Cl + O 2 ClO + NO 2 → ClNO 3 nicht ozonschädlich Abb. 133.4: Bildung der Atmosphäre 1 Abb. 133.3: Störung des Ozonabbaus durch NO 2 Abb. 133.2: Ozonabbau durch Chloratome Abb. 133.1: Ozonabbau und Ozonaufbau in der At- mosphäre CH 4 H 2 H 2 S O 2 NH 3 Uratmosphäre reduzierend UV Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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