Elemente, Schulbuch

108 5 GROSSTECHNIsCHE CHEMIE Natriumhydroxid und Chlor Dass zwei so unterschiedliche Stoffe wie Natriumhydroxid und Chlor im Zusammenhang gesehen werden müssen, liegt an der Herstellungsme- thode. Bei der Elektrolyse wässriger Natriumchlorid-Lösung (Chloralka- li-Elektrolyse) entsteht sowohl Chlor als auch Natronlauge (wässrige Natriumhydroxid-Lösung). Beide Stoffe werden heute fast ausschließlich elektrolytisch hergestellt. Die Chloralkali-Elektrolyse – Membran-Verfahren: Bei diesem Verfahren wird eine etwa 27%ige NaCl-Lösung (Sole) einge- setzt. Als Anodenmaterial dient Titan, als Katodenmaterial Stahl. An der Anode scheidet sich Chlor ab, da der Sauerstoff am Elektroden- material eine beträchtliche Überspannung hat. Geringe Verunreinigun- gen des Chlors durch Sauerstoff sind allerdings nicht zu vermeiden. An der Katode scheidet sich Wasserstoff direkt ab. In der Praxis ist eine Spannung von etwa 3,5 V nötig, damit der Prozess rasch genug verläuft. Die Stromstärke beträgt dabei bis zu 150 000 A. Das Natrium-Ion wird nicht umgesetzt. Im Anodenraum werden Chlorid-Ionen verbraucht, dafür im Katodenraum Hydroxid-Ionen gebildet (Abb. 108.2). Katoden- und Anodenraum sind durch eine Membran getrennt, die für Natrium-Ionen weitgehend durchlässig ist, also den Stromkreis in der Zelle nicht unterbricht, Hydroxid-Ionen aber nicht durchlässt. Man ver- hindert durch dieses Verfahren, dass der pH-Wert im Anodenraum an- steigt und Chlor dadurch zu Chlorid und Hypochlorit disproportioniert. Die Konzentration der gebildeten Natronlauge im Katodenraum beträgt ca. 30 %. Da aber in der Industrie häufig Natronlauge mit höherer Kon- zentration benötigt wird (zB Zellstofferzeugung), wird die Lauge meist noch aufkonzentriert bis ca. 50 %. Die Donau-Chemie in Brückl (Kärnten) hat 1999 ihre Anlage auf dieses Membranverfahren umgerüstet. Natronlauge benötigt man in großen Mengen zur Herstellung von Seife, zur Erzeugung von Cellulose aus Holz, zur Herstellung von Viskosefasern (siehe auch Schwefelsäure), bei der Aluminiumherstellung zur Reinigung des Bauxits, zum Regenerieren von Ionenaustauschern zur Wasserent- härtung, als Wasserenthärter und vor allem als Reinigungsmittel. Da heiße Natronlauge Fett zu Seife umwandelt, ist sie ein ausgezeichnetes Reinigungsmittel für fettige Verunreinigungen und wird in Spülmitteln für Gewerbegeschirrspüler und zur Reinigung von Mehrwegmilchfla- schen in der Molkerei verwendet. Dies bewirkt beträchtliche Mengen basischer Abwässer, die umfangreiche Neutralisations- und Kläranlagen erforderlich machen. Auch Abflussreiniger und Backrohrreiniger enthal- ten hochkonzentrierte Natronlauge. Brezel werden vor dem Backen in 4%ige Natronlauge getaucht. Dadurch erhalten sie beim Backen ihre charakteristisch braune Oberfläche („Lau- gengebäck“). Der bei der Chloralkali-Elektrolyse entstehende Wasserstoff wird natür- lich ebenfalls verwertet. Da Wasserstoff sowohl in der anorganischen Industrie (zB Ammoniakherstellung) als auch in der organisch-chemi- schen Industrie (Erdölverarbeitung, Margarineherstellung) in großen Mengen benötigt wird, bietet seine Verwertung keine Probleme. Zunehmend schwieriger wird die Verwertung des bei der Natronlauge- produktion entstehenden Chlors. Festpunkt 322 °C Kochpunkt 1388 °C Dichte 2,13 g/cm 3 Wässrige Lösung: Natronlauge Abb. 108.1: Eigenschaften von Natriumhydroxid Abb. 108.3: Verwendung der Produkte der Chlor-Alkali-Elektrolyse Abb. 108.2: Schema des Membran-Verfahrens NaOH 2 Na + 2 Cl 2 e – + Cl 2 2 H 2 O + 2 e – 2 OH – + H 2 2 NaOH H 2 Cl 2 NaOH H 2 O NaCl 30% NaOH 50% Reinsole Sole im Kreislauf Ionentauscher Na + Na + OH – Cl – Konzentrieren NaOH Cl 2 H 2 Natronlauge 50 % NaOH Bleichlauge 13,5 % Aktivchlor Chlor flüssig Salzsäure 33 % Wasserstoff Zellwolle Kunstseide Papier/Cellulose Seifen/Waschm. Ionentauscher Papier/Cellulose Textilindustrie Seifen Waschmittel Metallurgie PVC Papier/Cellulose Pestizide Holzschutzmittel Textilindustrie Metallurgie Papier/Cellulose Lebensmittel Textilindustrie Pharmazeutika Ammoniak Hydrocracken Methanol Fetthärtung Reduktionsmittel Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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