Elemente, Schulbuch
105 5.2 HerstellUnG anOrG. GrUnDchemIKalIen Der Prozess ist exotherm. Bei Zimmertemperatur liegt das Gleichgewicht sehr deut- lich auf der Seite der Produkte, die Reaktion ist aber für einen Produktionsprozess viel zu langsam. Bei 1000 °C wäre die Reaktion rasch genug, allerdings liegt dann das Gleichgewicht der Reaktion aufseiten der Ausgangsstoffe (Prinzip vom kleinsten Zwang). Das ist auch der Grund, weshalb die Schwefelverbrennung nicht direkt zu SO 3 führt. In der heißen Flamme bei der Verbrennung ist SO 3 nicht stabil. Je tiefer die Temperatur für den Prozess gehalten werden kann, desto günstiger ist die Gleichgewichtslage für die SO 3 -Produktion. Daher benötigt man einen Katalysa- tor zur Herabsetzung der Aktivierungsenthalpie. Das bei der Verbrennung entstandene Schwefeldioxid wird einem Reaktor zugeführt. Auf dessen Horden (Reaktionsetagen) befindet sich Vanadium(V)-oxid auf einem Trägermaterial als Katalysator. Mit überschüssiger Luft reagiert das Schwefeldioxid am Katalysator zu Schwefeltrioxid. Um hohen Umsatz zu erreichen, muss wegen der exothermen Reaktionswärme nach jeder Stufe gekühlt werden. Auch bei diesem Prozess wird mit Luftüberschuss gearbeitet, um die Ausbeute zu optimieren. (Je höher die Sauerstoffkonzentration im Gleichgewicht ist, desto geringer ist die übrig bleibende SO 2 -Konzentration.) 3. Schritt: Bildung der Schwefelsäure Das entstandene Gasgemisch aus Schwefeldioxid und Schwefeltrioxid führt man nun – nachdem der erste Teil der Horden durchströmt wurde – aus dem Reaktor ab, kühlt es und speist es von unten in den Zwischenabsorptionsturm ein. In diesem rieselt dem Gasgemisch ca. 95%ige Schwefelsäure entgegen und das in ihr enthaltene Wasser reagiert mit dem Schwefeltrioxid des Gasgemisches zu Schwefelsäure. Eine direkte Reaktion des SO 3 mit Wasser ist nicht zielführend, weil dabei ein feiner, nicht kondensierbarer Schwefelsäurenebel entsteht. SO 3 löst sich aber hervorragend in konzentrierter Schwefelsäure, wobei eine „überkonzentrierte“ Schwefelsäure ent- steht, die man auf Grund ihrer öligen Konsistenz Oleum nennt. Entstandene konz. Schwefelsäure, bzw. Oleum, fließt ins Lager ab. Ein Teil wird mit Wasser verdünnt, in einem Wärmetauscher abgekühlt und wieder der Absorption zugeführt. Das Rest- Schwefeldioxid verlässt den Zwischenabsorber, wird im Wärmetauscher aufgeheizt und danach dem zweiten Teil des Reaktors zugeführt. Es durchströmt weitere Hor- den mit Katalysator, wobei es zu Schwefeltrioxid reagiert. Das Reaktionsgas führt man dem Endabsorptionsturm zu. Auch hier rieselt dem Gas ca. 95%ige Schwefel- säure entgegen. Das Schwefeltrioxid wird unter Bildung von konzentrierter Schwe- felsäure ausgewaschen. Ein Teil von dieser wird mit Wasser verdünnt in die Absorp- tion zurückgeleitet. Das restliche Abgas ist nun fast SO 2 -frei. Dieses Verfahren nennt man Doppelkatalyse . In der Praxis bedeutet dies eine Verdoppelung der Anlagekos- ten aus Gründen des Umweltschutzes (Abb. 105.2). Der Weltmarktpreis für technische Schwefelsäure liegt so niedrig (etwa bei 7–8 Cent pro kg), dass das Verfahren nur rentabel ist, wenn die beim Prozess entstehende Wärmeenergie genützt wird. Alle drei Prozessschritte sind ja exotherm. Die Prozess- wärme der ersten beiden Schritte wird schon seit langem genützt. Vor einigen Jah- ren hat der größte Schwefelsäurehersteller Österreichs, die Donau-Chemie, ein Ver- fahren entwickelt, bei dem auch die Wärme der SO 3 -Absorption genutzt wird. Die Schwierigkeit dabei liegt darin, ein geeignetes Material für einen Wärmetauscher zu finden, das die Wärme gut leitet, aber gegen Schwefelsäure von über 200 °C sta- bil ist (Platin wäre geeignet, ist aber natürlich nicht finanzierbar). Es ist gelungen, Stahl durch Anlegen von Gleichspannung (positiver Pol) so weit zu passivieren, dass er in heißer Schwefelsäure stabil bleibt. Die Firma benutzt die bei der Schwefelsäu- reproduktion anfallende Wärme zur Konzentrierung von Phosphorsäure und außer- dem zum Trocknen des bei der Phosphorsäureproduktion anfallenden Gipses bzw. von Gips-Zwischenwandelementen für den Innenausbau. Das früher dafür verwen- dete Heizöl schwer wird eingespart. Heute emittiert die Donau-Chemie auf Grund der Doppelkatalyse insgesamt weniger SO 2 als früher allein durch die Verbrennung von Heizöl schwer bei der Gipsplattentrocknung (Abb. 106.1). S + O 2 SO 2 ∆ H = –296,6 kJ 1. Schritt 2 SO 2 + O 2 2 SO 3 ∆ H = –196,6 kJ 2. Schritt SO 3 + H 2 O H 2 SO 4 ∆ H = –134 kJ 3. Schritt Abb. 105.1: Reaktionen der Schwefelsäureerzeugung Abb. 105.2: Reaktionen der Schwefelsäureerzeugung WT WT WT SO 2 Luft 95 % H 2 SO 4 H 2 SO 4 / SO 3 Luft Schwefel WT SO 3 SO 2 Luft SO 2 Luft SO 3 Verbrennung Elektro- filter Katalytische Oxidation End- absorption Zwischen- absorption Rest- Luft Nur zu Prüfzwecken – Eige tum d s Verlags öbv
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