Reichel Mathematik 8, Schulbuch

86 (Weitere) Anwendungen der Integralrechnung In diesem Kapitel wirst du • das bestimmte Integral als kontinuierliche Summe verstehen lernen, • dies als Grundlage für die Definition und Messung zahlreicher mathematischer und naturwissen- schaftlicher Begriffe wie etwa Flächeninhalt, Bogenlänge oder Arbeit erfahren und • als Methode zur Berechnung diesbezüglicher Größen (in Anwendungssituationen) nützen. Vorschau Die Integralrechnung hat viele Aspekte, zwei davon haben wir bereits kennen gelernt: den des Umkeh- rens des Differenzierens (dh. das Aufsuchen von Stammfunktionen) mittels unbestimmter Integrale und den der Berechnung von Flächeninhalten mittels bestimmter Integrale. Im Abschnitt 2 „Integralrechnung“ ging es um zweierlei: – erstens um die Entwicklung einer angemessenen Vorstellung und – zweitens vor allem um Methoden zur konkreten Berechnung (un)bestimmter Integrale. Im Abschnitt 3 wollen wir nun darauf aufbauend einige (weitere) wichtige Anwendungen zeigen. Im Allgemeinen kommen wir dabei mit Integralen stetiger Funktionen aus, wie wir sie bisher besprochen haben. Um die Grundidee all dieser Anwendungen aber wirklich verstehen zu können, müssen wir uns noch einmal mit der Definition bestimmter Integrale befassen. Unsere Ausführungen zur numerischen Integration weisen uns dabei den Weg. Zunächst bleibt festzuhalten, dass der Begriff des Flächeninhaltes durchaus nicht unproblematisch ist (siehe den Exkurs zu diesem Abschnitt) und nicht unhinterfragt vorausgesetzt werden sollte. Tatsächlich kennen wir Flächeninhalte ja zunächst nur von Quadraten („Einheitsquadrat“ als Maßeinheit). Selbst der Flächeninhalt von Rechtecken und – darauf aufbauend – von Dreiecken und Trapezen, wie wir ihn bei der numerischen Integration „naiv“ vorausgesetzt haben, birgt begriffliche Probleme im Zuge des Aus- messens („Parkettierens“) der Figur mit Einheitsquadraten . Noch mehr stellt sich das Problem beim „Ausmessen“ von krummlinig begrenzten Figuren wie etwa einem Kreis oder einem Normalbereich unter einer nicht-linearen Funktion f , wo man im Allgemeinen Grenzwertüberlegungen (vgl. Buch 6. Kl. Kap. 4.0) benötigt. Wir beginnen daher nochmals mit dem Problem des Flächeninhaltes von Ordinatenmengen unter ei- ner Funktion f (dem „Integranden“) zwischen den Grenzen a und b , stützen uns nun aber nicht mehr auf den „schon fertigen, allgemeinen“ Begriff des Flächeninhaltes, sondern nur auf den „elementar er- klärbaren“ Begriff des Flächeninhaltes eines Rechtecks . Ausgehend von der Rechtecksformel der nu- merischen Integration definieren wir den Flächeninhalt unter f zwischen a und b als Grenzwert der Summe von Rechtecksflächen, wenn die Breite Δ x der Rechtecke immer kleiner wird und schließlich gegen 0 geht, während gleichzeitig die Anzahl der Rechtecke gegen unendlich strebt. Auf diese Art er- hält man einen unbestimmten Ausdruck von der Form 0· • , dessen Auswertung  1 schließlich den ge- suchten Flächeninhalt, dh. das bestimmte Integral als kontinuierliche Summe liefert. Auf diese Weise haben wir zwei Dinge mit einem Schlag gewonnen: – Wir haben das bestimmte Integral einer Funktion f definiert, ohne den allgemeinen Begriff des Flächeninhaltes bereits vorauszusetzen. – Umgekehrt können wir den allgemeinen Begriff des Flächeninhaltes krummlinig begrenzter Flächen- stücke gerade durch das bestimmte Integral definieren und auch gleich berechnen .  1 Vgl. auch die Ausführungen zur Regel von l’HOSPITAL (Buch 7. Kl. S. 162). 3.0 K  3.1 K  2.5 K  2.5 A  312 A  314 A  313 K  3.1 A  314 S  76 S  62 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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