Reichel Mathematik 8, Schulbuch
85 2 Als rechnerisch einfaches Modell bietet sich eine Polynomfunktion f vierten Grades an, deren Glei- chung wir als „Umkehraufgabe“ (vgl. Buch 7. Kl. S. 101) aus dem Gleichungssystem f (0) = 0 4 ·a – 0 3 ·b – 0 2 ·c – 0·d – e = 3 f (2) = 2 4 ·a – 2 3 ·b – 2 2 ·c – 2·d – e = 12 f ’ (2) = 4·2 3 ·a – 3·2 2 ·b – 2·2 1 ·c – d = 0 f (8) = 8 4 ·a – 8 3 ·b – 8 2 ·c – 8·d – e = 3 f ’ (8) = 4·8 3 ·a – 3·8 2 ·b – 2·8 1 ·c – d = 0 ermitteln. Dabei wird die Zeit x in Tagen und die Wassermenge y = f (x) in 10 8 m 3 gemessen. Die Rechnung überlässt man – wie in der Praxis üb- lich – dem Computer, hier dem TI-92 : Fig. 2 Aus der Funktionsgleichung kann man nun einige wichtige Fragen beantworten, etwa: Wie schnell steigt der Wasserspiegel und wann wird er eine be- stimmte (kritische) Höhe erreicht haben? Demge- mäß wird man Schutzmaßnahmen treffen. Dazu zählt etwa, die „Spitze“ der Welle zu kappen, indem zu geeignetem Zeitpunkt Wassermassen in natürli- che oder künstlich geschaffene Retentionsgebiete (Augebiete, Entlastungsgerinne wie die Neue Do- nau usw.) abgeleitet werden. Wieder kann man mittels Differentialgleichungen und bestimmter Integrale unter Einbeziehung topographischer und hydrographischer Gegebenheiten (Größe der Re- tentionsbecken, Grundwasserdruck, Versickerungs- kapazität usw.) den Vorgang modellieren. So lässt sich also mit rein mathematischen Mitteln feststellen, welches Fassungsvermögen die Reten- tionsbecken (ohne Berücksichtigung von Versicke- rung) besitzen müssten, wenn die Wasserführung (nicht ganz realistisch) zB einer Parabel zweiten Grades unter Beibehaltung der Hochwasserdauer folgen soll. Die Funktionsgleichung dieser Parabel p erhält man wie oben als „Umkehraufgabe“ aus p (0) = 0 2 ·a – 0·b – c = 3 p (8) = 8 2 ·a – 8·b – c = 3 : 0 8 p (x)·dx = : 0 8 f(x)·dx Fig. 3 Der Scheitelpunkt von p liefert mit seiner (auf m 3 /s umgerechneten) y-Koordinate für die maxi- male Wasserführung der gekappten „Spitze“ der Flutwelle knapp 11 000 m 3 pro Sekunde gegenüber den knapp 14000 m 3 der ungekappten . Fig. 4 Von den vier berechneten Schnittpunkten von f und p sind zwei trivial und einer unzulässig (und fehlt daher in Fig. 4). Der vierte Schnittpunkt S 4 (3,6 1 9,3) gibt an, ab wann der Wasserspiegel in den Retentionsbecken zu sinken beginnt . Erøäu- tere! Der Flächeninhalt zwischen f und p im In- tervall [ 0 ; 3,6 ] liefert gemäß Fig. 5 für die Menge des in den Retentionsbecken zurückzuhaltenden Wassers 10,87·10 8 m 3 = 1,087 Mrd. m 3 . Fig. 5 Du siehst: Mathematische (an der Natur überprüf- te) Modellrechnungen können mithelfen, die Na- turgewalten zu zähmen und viel Leid zu vermeiden. Mathematik ist eben keine realitätsferne Wis- senschaft, sondern eine sehr lebensnahe, prak- tische, ja überlebenswichtige! F 2 F 3 F 4 F 4 Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv
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