Reichel Mathematik 8, Schulbuch

214 Algebra II Definition Eine (endøiche oder unendøiche) Menge M, in der eine Rechenoperation „ ˛ “ erkøärt ist, heißt Gruppe , wenn 1) M gegenüber ˛ abgeschøossen ist, dh. (a ˛ b) * M für aøøe a, b * M, 2) ˛ assoziativ ist, dh. (a ˛ b) ˛ c = a ˛ (b ˛ c) für aøøe a, b, c * M, 3) in M genau ein neutraøes Eøement e existiert mit a ˛ e = e ˛ a = a für aøøe a * M, 4) zu jedem a * M genau ein inverses Eøement a* * M existiert mit a* ˛ a = a ˛ a* = e. Von einer kommutativen (ABEL’schen  1 ) Gruppe spricht man, wenn außerdem 5) ˛ kommutativ ist, dh. a ˛ b = b ˛ a für aøøe a, b * M. Zeige, dass ( Z ; +) eine kommutative Gruppe ist, nicht jedoch ( N ; +)! 3. Algebraische Strukturen Im Laufe der Oberstufe haben wir nicht nur Gleichungen zwischen Zahlen gelöst, sondern auch Gleichungen zwischen Vektoren wie zB X + (2 1 3) = 3 · (1 1 4) oder Gleichungen zwischen Mengen wie zB X ± {2; 3} = {1; 2; 3} ° N oder auch zwischen Aussagen wie zB x ? a = b = (a ? b) ’ . Obwohl diese Vektoren, Mengen und Aussagen letztlich durch „Zahlen“ beschrieben wurden, haben wir eigentlich nicht mit diesen gerechnet, sondern unmittelbar mit den „durch Symbole verschlüsselten“ Ob- jekten „Vektor“, „Menge“ und „Aussage“, indem wir gewisse „Rechenoperationen“ wie etwa die Vektorad- dition, die Mengenvereinigung oder die Disjunktion anwandten. Auch beim Bestimmen der asymptoti- schen Funktion einer rationalen Funktion oder beim Herleiten der Quotientenregel aus der Produktregel im Rahmen der Differentialrechnung haben wir eigentlich mit dem Objekt „Funktion“ statt mit Zahlen gerechnet, auch wenn Letztere (u. a.) für die Termdarstellung der Funktionen herangezogen wurden. Und auch bei der Hintereinanderausführung zweier Abbildungen hantierten wir mit dem Objekt „Abbil- dung“, auch wenn dies letztendlich auf das Rechnen mit (komplexen) Zahlen zurückgeführt wurde. Man erkennt: Die Algebra in ihrer heutigen Form als „gesetzmäßiges Operieren mit Symbolen für ge- wisse Objekte“ hat sich aus dem Rechnen mit „konkreten Zahlen“ (der Arithmetik) und dem Rechnen mit „allgemeinen Zahlen“ (Rechnen mit Unbekannten, Variablen) entwickelt, insbesondere im Zusam- menhang mit dem Lösen von Gleichungen und dem Formulieren von Rechengesetzen für die ver- schiedenen Rechenoperationen. Man erkannte, dass man beim Rechnen mit verschiedenen Objekten und verschiedenen Rechenoperationen mit jeweils analogen Rechengesetzen operiert. Dies veranlasste dazu, von der Bedeutung der Objekte und der Bedeutung der Rechenoperationen zu abstrahieren und das Regelsystem in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen. In einer vorgegebenen Menge M von Objekten wird eine Menge O von Operationen erklärt, die einem System R von Rechenregeln unterlie- gen. Das Tripel ( M ; O ; R ) nennt man eine algebraische Struktur . Die oben behandelten Strukturen Körper und Gruppe sind zwei besonders wichtige Typen algebraischer Strukturen. Einen weiteren wichtigen Typ haben wir schon in der 5. Klasse kennen gelernt: die Mengenalgebra (vgl. Buch 5. Kl. S. 28). Sie ist jene Struktur, die auch dem Rechnen mit Aussagen zu- grunde liegt. Dem Rechnen mit Vektoren liegt wieder eine andere algebraische Struktur zugrunde: der Vektorraum (vgl. Buch 6. Kl. S. 59). Der Vorteil dieses Abstraktionsschrittes besteht in der Übertragbarkeit von Wissen und Fertigkeiten. Wer mit Mengen rechnen kann, kann es – im Prinzip – auch mit Aussagen. Wer mit reellen Zahlen rechnen kann, kann es – im Prinzip – auch mit komplexen Zahlen. Beachte dabei aber, dass aus der Strukturgleichheit in algebraischer Hinsicht nicht automatisch auf völ- lige Strukturgleichheit geschlossen werden darf (vgl. die Bemerkung 1) auf S. 213)!  1 Niels Henrik ABEL (1802–1829), norwegischer Mathematiker K  I.4 K  II.1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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