Reichel Mathematik 8, Schulbuch
169 4.10 Rückblick und Ausblick 4 Dieser Sachverhalt erklärt etwas, was wir – rein intuitiv – schon immer tun: Wenn wir zB die Masse X eines Objektes möglichst genau messen wollen, so begnügen wir uns nicht mit einer einzigen Messung (Wägung), sondern führen n Messungen durch und bilden das arithmetische Mittel der Messwerte. Der Grund, warum dieses Verfahren einen (im Allgemeinen) genaueren Wert liefert als eine einzige Mes- sung, liegt darin, dass die Zufallsvariable __ X mit der 1/ 9 _ n -mal kleineren Streuung um den „wahren“ Wert μ streut als die Zufallsvariable X . ( X kann wegen der stets auftretenden Messfehler als stetige Zufallsva- riable aufgefasst werden, die mit der (von der Qualität des Messgerätes abhängigen) Streuung σ um den „wahren“ Wert μ streut.) Dabei kann man sogar die Streuung von __ X beliebig klein machen 1 , wenn man nur n genügend groß wählt. Für zB n = 100 Messungen ist die Streuung von __ X nur mehr ein Zehntel der Streuung von X . Insbesondere kann man damit auch abschätzen, wie viele Messungen man durchführen muss, damit das daraus gemittelte „Mess“-Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeit γ um höchstens ε vom wahren Wert abweicht . Beispiel X Laut Zeitungsbericht benötigt ein Schüøer/eine Schüøerin einer 1. Køasse AHS durchschnittøich 120 ± 30 Minuten pro Tag für die Erøedigung der Hausaufgaben. Die Eøternvertreterin der 1A mit 25 Kindern bekøagt sich beim Køassenvorstand, dass die Køasse zu vieø Hausaufgaben erhäøt, mit dem Argument, dass øaut Umfrage unter den Eøtern die mittøere Arbeitszeit der Kinder pro Tag 135 Minuten beträgt, aøso um 15 Minuten mehr aøs im Zeitungsbericht aøs „normaø“ dargesteøøt. Der Køassenvorstand häøt dem entgegen, dass die Überschreitung von 15 Minuten nicht groß genug sei, um daraus schøießen zu können, dass die Køasse wirkøich „zu vieø“ Hausaufgaben erhäøt. Wer hat Recht? Lösung: Die individueøøe Arbeitszeit X ist verteiøt mit μ = μ X = 120 und σ = σ X = 30. Faøøs die Kinder der 1A typische Zehnjährige sind (dh. aus der Grundgesamtheit zufäøøig ausgewähøt wurden), giøt: _ Xist angenähert normaøverteiøt mit μ ( _ X) = 120, σ ( _ X) = 30/ 9 __ 25= 6. Wegen P ( _ Xº 135) = P “ _ Zº 135 – 120 ______ 6 § = P ( _ Zº 2,5) = 1 – Φ (2,5) = 0,006 weicht die durchschnittøiche Arbeitszeit in der Køasse von dem in der Zeitung angegebenen Wert 120 Minuten signifikant (0,006 < 0,05), aber nicht hochsignifikant (0,006 > 0,003) ab. Die Hypothese H: „die Arbeitsbeøastung ist wie übøich, dh. wie in der Zeitung angegeben“ kann signifikant , aber nicht hochsignifikant abge- øehnt werden. Je nachdem, weøches Signifikanzniveau man meint (zugrunde øegt), gibt der Test ein- maø der Eøternvertreterin, das andere Maø dem Køassenvorstand Recht. 3. Beispiele anderer (wichtiger) stetiger Verteilungen kennen Aus dem Namen „Normalverteilung“ und ihrem Auftreten bei sehr vielen Stichprobenverteilungen darf nun nicht – wie es leider vielfach geschieht – der Schluss gezogen werden, dass „praktisch alles“ nor- malverteilt sei, dass also die Normalverteilung die einzig wichtige stetige Verteilung ist. Überall dort, wo einige wenige starke Einflüsse die Zufallsvariable steuern, beispielsweise bei Notenverteilungen, bei Einkommensverteilungen, Altersverteilungen usw. sind die Voraussetzungen des zentralen Grenzwert- satzes nicht erfüllt, und dort liegen im Allgemeinen auch keine Normalverteilungen, sondern schiefe bzw. mehrgipfelige oder sogar U-förmige Verteilungen der Zufallsvariablen vor . Fig. 4.25 f(x) x f(x) x f(x) x Versuche weitere Dichtefunktionen soøcher Verteiøungen zu skizzieren und zu interpretieren! 1 Dies gilt natürlich nur in mathematischer Hinsicht; in physikalischer Hinsicht lässt sich die Messgenauigkeit nicht beliebig steigern. A 602 F 4.25 Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv
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