Reichel Mathematik 8, Schulbuch

168 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik 4 Unabhängig von der zulässigen Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes hat die Normalverteilung aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes eine zentrale Stellung in der Stochastik. Die sie beschreibende GAUSS’sche Glockenkurve wurde so eine der wichtigsten und berühmtesten Kurven in der Mathematik. Ein typographisches Denkmal setzte ihr der Chemiker und Statistiker W. J. YOUDEN (1900–1971): THE NORMAL LAW OF ERROR STANDS OUT IN THE EXPERIENCE OF MANKIND AS ONE OF THE BROADEST GENERALIZATIONS OF NATURAL PHILOSOPHY+IT SERVES AS THE GUIDING INSTRUMENT IN RESEARCHES IN THE PHYSICAL AND SOCIAL SCIENCES AND IN MEDICINE AGRICULTURE AND ENGINEERING+ IT IS AN INDISPENSABLE TOOL FOR THE ANALYSIS AND THE INTERPRETATION OF THE BASIC DATA OBTAINED BY OBSERVATION AND EXPERIMENT 2. Den Unterschied bzw. Zusammenhang zwischen der Verteilung im Kollektiv und in einer Stichprobe verstehen Wir wollen die Wichtigkeit der Normalverteilung noch deutlicher machen. Blicken wir dazu zurück: In den Kap. 4.6 bis 4.8 haben wir Hypothesen über Anteile (relative Häufigkeiten in der Grundgesamtheit) getestet ; im Kap. 4.9 haben wir den Parameter p durch relative Häufigkeiten geschätzt . Voraussetzung für die Lösung dieser beiden Grundaufgaben der beurteilenden Statistik war unser Wissen , dass die ab- solute Häufigkeit X eines Merkmals, dessen Anteil in der Grundgesamtheit p ist, in einer Stichprobe vom Umfang n binomialverteilt ist mit den Parametern n und p (auch wenn wir diese Verteilung durch die zugehörige Normalverteilung approximiert haben). Will man auch andere Parameter wie zB den Erwartungswert oder die Streuung testen bzw. schätzen, so muss man wissen, welchem Verteilungsgesetz die dem Parameter entsprechende – nunmehr als steti- ge Zufallsvariable aufgefasste – statistische Kennzahl (eine empirische Größe wie zB das arithmetische Mittel) der Stichprobe gehorcht. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Stichprobenverteilung der betrachteten Kennzahl. Zur Verdeutlichung betrachten wir die Verteilung des arithmetischen Mittels . Zieht man aus einer bekannten Grundgesamtheit mehrere Stichproben vom Umfang n , so werden sich für diese Stichproben im Allgemeinen unterschiedliche Stichprobenmittelwerte ​ _ x​ ergeben. Mit anderen Worten: Die ​ _ x​ sind Realisationen einer stetigen Zufallsvariablen ​ _ X​ . Da die Mittelwertsberechnung auf der Summenbildung vieler im Allgemeinen relativ zur Summe kleinen Summanden fußt, dürfen wir aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes vermuten, dass ​ _ X​ normalverteilt ist, was sich auch beweisen lässt. Satz Stichprobenverteiøung des arithmetischen Mitteøs: 1) Zieht man aus einer Grundgesamtheit mit dem Erwartungswert E (X) = μ und der Standard­ abweichung ​ 9 ___ V (X)​= σ mehrere Zufaøøsstichproben vom Umfang n, so besitzt die Wahrscheinøich- keitsverteiøung für das arithmetische Mitteø ​ _ X​jeder dieser Stichproben den Erwartungswert E (​ _ X​) = μ und die Standardabweichung σ (​ _ X​) = ​  σ __  ​ 9 _  n​  ​ … ​ 9 __ n​-Gesetz 2) Ist die Zufaøøsvariabøe X in der Grundgesamtheit normaøverteiøt mit den Parametern μ und σ , so ist auch die Zufaøøsvariabøe ​ _ X​normaøverteiøt, und zwar mit den Parametern ​ μ ​  ​ _ X​ ​= μ und ​ σ ​  ​ _ X​ ​= σ /​ 9 _  n​. 3) Für wachsenden Stichprobenumfang n nähert sich auch bei nicht normaøverteiøter Grundgesamt- heit die Verteiøung von ​ _ X​einer Normaøverteiøung mit den Parametern ​μ​  ​ _ X​ ​= μ und ​ σ ​  ​ _ X​ ​= σ /​ 9 _  n​. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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