Reichel Mathematik 8, Schulbuch

103 3.5 Schwerpunkt von Flächen und Körpern 3 Schwerpunkt von Flächen und Körpern 1. Den Begriff Schwerpunkt als präzisierungsbedürftig erkennen Der Begriff Schwerpunkt kommt in mannigfachen Zusammenhängen vor – von der Astronomie bis zum Zeppelinbau. So „kreist“ der Mond genau genommen nicht um die Erde, sondern beide „kreisen“ um ei- nen gemeinsamen Schwerpunkt, dessen Lage sich zudem noch zeitlich ändert. Das Kippverhalten eine Schiffes (ob zu Wasser oder in der Luft) wird durch die Lage seines Schwerpunktes (mit-)bestimmt. In beiden Fällen ist die aus der Unterstufe geläufige Definition nicht an- wendbar, nämlich dass der Schwerpunkt jener Punkt ist unter dem man ein Objekt unterstützen muss, damit es „stabil im Gleichgewicht“ bleibt. Seine gerne gezeigte experimentelle Bestimmung durch Ausbalancieren des Geo-Dreiecks auf der Zirkelspitze versagt wenn das Dreieck „innen hohl“ oder „nicht homogen“ (etwa wegen der Abschrägung einer Kante für das Tuschezeichnen) ist . Der oft unscharf gebrauchte Begriff „Schwerpunkt“ muss daher präzisiert werden. Wir beschränken uns da- bei im Folgenden ausschließlich auf homogene Objekte. 2. Schwerpunkt eines ebenen, begrenzten Flächenstückes berechnen Um die x-Koordinate ξ des Schwerpunktes zu erhalten, lassen wir das Flächenstück um die y-Achse rotieren und berechnen das Drehmoment M y dieser Rotationsbewegung definitionsgemäß als Kraft mal Normalabstand der Kraft von der Drehachse. Da die Kraft als im Schwerpunkt ansetzend gedacht werden kann, ist der Normalabstand gleich ξ . Die Kraft berechnet man als Masse mal Beschleunigung. Die Masse setzen wir mit dem Flächeninhalt A gleich  1 , für die Beschleunigung verwenden wir die Fallbeschleu- nigung  2 g . Wir erhalten  M y = (A·g)· ξ = g· ξ ·​ :  a ​  b ​y​·dx    (*) Nun berechnen wir dieses Drehmoment M y auf eine zweite Weise: Wir unterteilen das Grundintervall [ a ;  b ] in n gleich breite Teilintervalle und damit das Flächenstück in n (schmale) Rechtecke . Nun ver- wenden wir einen Satz der Mechanik, demzufolge das Drehmoment des gesamten Flächenstückes gleich der Summe der Drehmomente aller Massenteilchen – hier aller Teilrechtecke – ist. Nach den obigen Überlegungen ist das Drehmoment jedes Rechtecksstreifens gleich dem Produkt aus seinem Flä- cheninhalt mal der Fallbeschleunigung g und dem Abstand seines Schwerpunktes S i von der Drehachse. Insbesondere besitzt der in Fig. 3.27 (schraffierte) i-te Rechtecksstreifen bezüglich der y-Achse das Drehmoment (y i · Δ x·g)·x i . Das Drehmoment des gesamten Flächenstückes ist also gleich der Summe  ​ ;  i = 1 ​  n ​(​y i · Δ x·g)·x i = g·​ ;  i = 1 ​  n ​(​x i ·y i )· Δ x Beim Grenzübergang n ¥ • ( É Δ x ¥ 0) streben diese (RIEMANN-)Summen gegen das Integral  M y = g·​ :  a ​  b ​x​y·dx    (**) Da beide Berechnungsarten zum gleichen Ergebnis führen müssen, erhalten wir durch Gleichsetzen von (*) und (**) eine Gleichung für das gesuchte ξ . Versuche die y-Koordinate η des Schwerpunktes anaøog zu berechnen!  1 Wir setzen also die Dicke und Dichte (= spezifische Masse) 1 .  2 Statt g könnten wir irgendeine andere Beschleunigung nehmen, da sie sich später sowieso „wegkürzt“. 3.5 Fig. 3.26 A  370 F  3.26 Fig. 3.27 x y 0 S Δ x a b y = f(x) x i ξ η y i 2 S i F  3.27 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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