Reichel Mathematik 7, Schulbuch
85 2.7 Rückblick und Ausblick 2 3. Differenzieren als Abbildung verstehen Unabhängig davon, wie exakt man die Differentialrechnung begründet: Durch Differenzieren wird einer Funktion f genau eine Ableitungsfunktion f’ zugeordnet, vorausgesetzt, f ist überhaupt differenzierbar. Formal gesprochen ist Differenzieren eine Abbildung (Funktion), die der Funktion f = f (x) ihre Ableitung f’ zuordnet; man kennzeichnet sie mit dem Symbol d __ dx , dem so genannten Differentialoperator . Die Elemente der Urbildmenge und die der Bildmenge sind dabei Funktionen : x 2 –5 x 2 +3 2 x 2 x 2 2 x 4 x Fig. 2.21 Naheliegend ist die Frage nach den Eigenschaften dieser Funktionen (Abbildungen). Ist die Abbiødung bijektiv? Laut Definition (vgl. Buch 5. Kl. S. 109) muss jedem Urbild genau ein Bild und umgekehrt jedem Bild ge- nau ein Urbild entsprechen. Fig. 2.21 beweist, dass dies nicht der Fall ist. Naheliegend ist die Frage nach den „Fixpunkten“ dieser Abbildung, also nach jenen Funktionen, die beim Differenzieren in sich übergehen. Kannst du eine soøche Funktion angeben? Ein triviales Beispiel ist die Nullfunktion f: y = 0 Ein gar nicht triviales Beispiel ist die Funktion f: y = 1 + x + x 2 __ 2 + x 3 __ 6 + x 4 __ 24 + x 5 ___ 120 + ... = ; i = 0 • x i _ i! Rechne nach, dass f = f’ giøt ! Ebenso naheliegend ist die Frage nach der Umkehrung der Abbildung, wo man zu einer gegebenen Funktion f’ jene Funktion(en) F sucht, deren Ableitung gerade f ist. F heißt in diesem Zusammenhang Stammfunktion von f , das Ermitteln von F aus f heißt Integrieren . Integrieren ist also die Umkehrung des Differenzierens. Integrieren muss man zB, wenn man zu einem gegebenen Zeit-Geschwindigkeit-Gesetz v = v(t) nach dem zugehörigen Zeit-Weg-Gesetz s = s(t) fragt (vgl. Fig. 2.12 ). Diese Frage ist jedoch nicht eindeutig beantwortbar. Denn zu einer Funktion f gibt es nicht nur eine Stammfunktion F , sondern unendlich vie- le. So gibt es zB zu f (x) = 2 x die Stammfunktionen F: y = x 2 oder y = x 2 + 2 oder y = x 2 – 5 usw. Jede Funktion y = x 2 + C , C * R , ist also eine Stammfunktion von f , weil ja die Konstante C – unabhängig von ihrer Größe – beim Differenzieren wegfällt. Integrieren ist also keine eindeutige Abbildung. Erøäutere anhand von Fig. 2.21! Viel schwerer wiegt, dass Integrieren sich – abgesehen von sehr einfachen Funktionen – nicht so ein- fach nach Regeln bewerkstelligen lässt wie das Differenzieren, ja dass vielfach für die Stammfunktion gar keine Termdarstellung existiert! Mit anderen Worten: Die Stammfunktion lässt sich oft nicht (in ge- schlossener Form) durch einen (noch so komplizierten) Term darstellen, der sich aus den uns bekann- ten elementaren Funktionen zusammensetzt, sondern definiert einen eigenen, neuen Funktionstyp. Mit diesen Problemen müssen und wollen wir uns aber erst in der 8. Klasse beschäftigen … F 2.21 A 329 S 58 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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