Reichel Mathematik 7, Schulbuch
34 Komplexe Zahlen und algebraische Gleichungen 1 Es gilt noch mehr Paradoxes: Wie man leicht nachrechnet, sind P 1 (x 1 1 i·x 1 ) und P 2 (x 2 1 i·x 2 ) mit x 1 , x 2 * R zwei Punkte der Geraden y = i·x . Berechnet man deren Abstand wie üblich gemäß der Distanzformel (vgl. Buch 5. Kl. S. 228), so erhält man: ___ P 1 P 2 = 9 ________________ (x 2 – x 1 ) 2 + (i·x 2 – i·x 1 ) 2 = 9 _______________ (x 2 – x 1 ) 2 + i 2 ·(x 2 – x 1 ) 2 = 0 Resultat: Je zwei Punkte dieser Geraden haben stets „minimalen“ Abstand, nämlich null, woraus sich auch der Name „Minimalgerade“ erklärt. Rechne anaøog für die Gerade y = ‒i·x ! In der komplexen Geometrie (wo man auch viele weitere Begriffe der reellen Geometrie sinnvoll über- nehmen kann) gibt es auch Kurven mit dieser Minimaleigenschaft (isotrope Kurven), wo die Bogenlänge zwischen je zwei Kurvenpunkten stets den Wert null hat. Seltsam, aber nicht ohne reale Bezüge, wie das folgende Beispiel zeigt: Infolge der Oberflächenspannung stellt sich eine in irgendeine geschlossene Kurve (aus Draht) einge- spannte Seifenhaut stets so ein, dass ihre Oberfläche den kleinstmöglichen Flächeninhalt annimmt. Die Seifenhaut bildet eine so genannte Minimalfläche . Die Berechnung der Gleichungen derartiger Flä- chen ist im Allgemeinen sehr schwer. Man kann aber beweisen, dass jede Minimalfläche durch Parallelverschiebung einer isotropen Kur- ve längs einer anderen isotropen Kurve entsteht. Das Gebiet der hö- heren Mathematik, das sich mit derlei Fragen beschäftigt, heißt üb- rigens Differentialgeometrie. Die Namensgebung lässt schon erkennen, dass hier geometrische Fragen rechnerisch behandelt werden, dass jedoch andere Methoden verwendet werden als etwa in der analytischen Geometrie. Mit diesen für uns neuen Methoden werden wir uns im nächsten Abschnitt über „Differentialrechnung“ beschäftigen. 4. Problematik der exakten Konstruktion regelmäßiger n-Ecke kennen Aus Kap. 1.5 weißt du: Die Lösungen ζ k = cos (k·360°/n) + i·sin (k·360°/n) der Gleichung x n – 1 = 0 wer- den n-te Einheitswurzeln genannt; in der GAUSS’schen Zahlenebene bilden sie die Ecken eines dem Einheitskreis eingeschriebenen regelmäßigen n-Ecks, wobei stets ζ 0 = 1 ist. Diese Tatsache legt die Frage nahe, ob (und wie) man das regelmäßige n-Eck (allein mit Zirkel und Li- neal) konstruieren kann. Nun, für n = 3 , 6 , 12 , 24 , … und für n = 4 , 8 , 16 , 32 , … sind dir bereits seit der Unterstufe Konstruktionen geläufig. Wiederhoøe sie! Die Frage, ob sich zB auch das regelmäßige Fünfeck oder das regelmäßige Siebeneck allein mit Zirkel und Lineal exakt konstruieren lässt, hat die Mathematiker seit der Antike beschäftigt. Für gewisse re- gelmäßige n-Ecke – wie zB das 5-Eck , das 10-Eck – hat man eine exakte Konstruktion gefunden, für andere – wie das 7-Eck , das 11-Eck usw. – hat man nur Näherungskonstruktionen gefunden. Erst als man Anfang des 19. Jahrhunderts dieses Problem (mit sehr komplizierten rechnerischen Me- thoden) allgemein gelöst hatte, verstand man, warum die Suche beim regelmäßigen Siebeneck mehr als 2000 Jahre lang vergeblich bleiben musste. Was also fand man? Definition Eine Primzahø p heißt FERMAT’sche Primzahø 1 , wenn p – 1 eine Potenz von 2 ist. Überprüfe, ob 3, 5, 7, 11, 13, 17 FERMAT’sche Primzahøen sind ! 1 Pierre de FERMAT (1601–1665), franz. Mathematiker A 151b F 1.11 Fig. 1.11 A 155 A 156 A 154 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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