Reichel Mathematik 7, Schulbuch

205 5.7 Schnitt- und Berühraufgaben 5 In Beispiel R haben wir den Radius des Schmiegkreises – man sagt auch Krümmungskreis – in einem Scheitel einer Ellipse berechnet. Analog könnte man dies für die Scheitel von Hyper- bel und Parabel oder sogar für einen allgemein liegenden Punkt einer Ellipse, Hyperbel oder Parabel tun. Mehr noch: Man könnte analoge Rechnungen für einen Punkt irgendeiner (durch eine Gleichung festgelegten) Kurve anstellen. Die Moti- vation dazu ist ähnlich der in Kap. 4.3. Man möchte die „kom- plizierte“ Kurve durch „einfachere“ Kurven „ersetzen“, besser: approximieren. Das gelingt zwar nur für ein „Stück“ dieser Kurve mit hinreichender Genauigkeit, aber immerhin. In Kap. 4.3 haben wir die Kurve durch den Graphen einer Polynom- funktion approximiert, was im einfachsten Fall durch eine Ge- rade (die Tangente) ist, im nächst einfachen Fall durch eine Parabel (mit Achse parallel zur y-Achse), dann durch eine Po- lynomfunktion 3. Grades usw. Nur die ersten beiden Ersatzkur- ven sind jedoch einfach genug konstruierbar um sie wirklich beim händischen Zeichnen von Kurven einzusetzen. Daher war die in Beispiel R umgesetzte Idee, eine Kurve durch einen Kreis zu approximieren, naheliegend, insbesondere auch deswegen, weil es für die Krümmungskreise wichtiger Kurven einfache Konstruktionen gibt. Fig. 5.14 zeigt dies für die Ellipse, die Hy- perbel und die Parabel (zum Beweis siehe Aufg. 853): Um daher etwa eine Ellipse zu konstruieren, ist es günstig, zu- erst die Schmiegkreise in den Scheiteln zu zeichnen und an- schließend einige weitere Punkte mit Hilfe der Brennpunkts- definition zu suchen. Bei einer Hyperbel konstruiert man am zweckmäßigsten zuerst die Asymptoten, danach die Schmieg- kreise in den Scheiteln und dann – wenn nötig – noch einige Punkte. Auch bei der Konstruktion der Parabel ist es günstig Schmiegkreise zu zeichnen. Den Scheitelschmiegkreis erhält man sehr leicht, da sein Radius mit dem Parabelparameter p übereinstimmt. Die Verwendung des Krümmungskreises hat noch einen weiteren Vorteil. Es ist doch so: Ist der Radius des Krümmungskreises im Punkt P groß (bzw. klein), so ist die Kurve in einer gewissen Umgebung von P schwach (bzw. stark) gekrümmt. Über diese „indirekte Proportionalität“ kann man daher die „Krüm- mung“ einer Kurve durch eine Maßzahl wie folgt definieren: Definition Ist r der Radius des Krümmungskreises im Punkt P einer Kurve, so heißt ό = 1/r Krümmung der Kurve im Punkt P. Bemerkungen: 1) Der Kreis ist eine Kurve konstanter Krümmung. Begründe! 2) Weøche weitere Kurve konstanter Krümmung kennst du? Wie groß ist ihre Krümmung? 3) Beachte: Zur Berechnung der Krümmung benötigt man zwar die 2. Ableitung, diese gibt aber NICHT die Krümmung ό an, sondern nur (über das Vorzeichen – vgl. S. 95 Punkt 1) und 2)), ob die Kurve po- sitiv oder negativ gekrümmt ist. Wie stark die Krümmung ist, muss wie in Beispiel R (oder über eine Formel für ό , auf die wie hier nicht eingehen) berechnet werden. Fig. 5.14a O D O A b M A a N r a r b O C C D O B B a b Fig. 5.14b y x 0 A B N O A O B r A r B Fig. 5.14c ø A F O A p 2 p 2 p 2 r =p A Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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