Reichel Mathematik 6, Schulbuch
247 7.4 Probleme beim Lösen von Gleichungen – Therapie 7 Probleme beim Lösen von Gleichungen – Therapie 1. Eine Funktion (stetig) fortsetzen Zu den „auffälligen“ Stellen eines Funktionsgraphen gehören etwaige „Definitionslücken“. An solchen Stellen ist es natürlich sinnlos nach Stetigkeit oder Unstetigkeit zu fragen, wenn dort nicht einmal ein Funktionswert existiert. (Zwecks Vereinfachung sprechen wir im Folgenden dennoch oft von „Funktio- nen“). Trotzdem oder gerade deswegen gilt gerade diesen Stellen oft das besondere Interesse (nicht nur der Theorie, sondern auch der Anwendungen). So ist die Frage, ob sich eine Definitionslücke „stetig schließen“ lässt, für die Differentialrechnung (die wir in der 7. Klasse behandeln werden) von zentraler Wichtigkeit. Was man unter „Stetig-Schließen“ zu verstehen hat, erläutern wir an (dem Graphen) folgender „Funktion“: f: y = x 2 – 4 ____ x – 2 An der Stelle x 0 = 2 (Nullstelle des Nenners) liegt eine Definitionslücke vor. (Wir haben sie in Fig. 7.14a durch ein „Ringerl“ hervorgehoben.) Allerdings lässt sich die Lücke bei x 0 leicht schließen, indem man dort zusätzlich einen Funktionswert definiert (Fig. 7.14b und c). Fig. 7.14a x y f: y = x 2 – 4 x – 2 x ň2 1 1 0 Fig. 7.14c x y y = x 2 – 4 x – 2 x ň2 y =4 f: x =2 1 1 0 Fig. 7.14b x y y = x 2 – 4 x – 2 x ň2 y =0 f: x =2 1 1 0 Offensichtlich stellt die Funktion ~ f eine unstetige Fortsetzung von f auf x 0 dar, während die Funktion _ f die einzig mögliche stetige Fortsetzung von f auf x 0 angibt. Denn wegen øim x ¥ 2 f (x) = 4 gewährleistet nur die Festsetzung _ f (2) = 4 die Erfüllung der Stetigkeitsforderung øim x ¥ 2 f (x) = _ f (2) . Man bezeichnet die Stelle x 0 = 2 als Definitionslücke von f und als hebbare Unstetigkeitsstelle von ~ f . Damit drückt man aus, dass sich die Unstetigkeit von ~ f bei x 0 = 2 durch geeignete Neufestsetzung des Funktionswertes an dieser Stelle beheben lässt, was zur stetigen Fortsetzung _ f von f führt. Die durch die Neufestsetzung entstandene stückweise Definition von _ f ist allerdings unnötig kompli- ziert, weil _ f offensichtlich eine Gerade festlegt, die durch einen einzigen Term beschrieben werden kann. Dieser Term lässt sich entweder unmittelbar aus Fig. 7.14c als f (x) = x + 2 ablesen oder auch rechnerisch herleiten. Dazu zerlegt man den Zähler und „kürzt“ anschließend: f (x) = x 2 – 4 ____ x – 2 = (x + 2)·(x – 2) ________ x – 2 w x + 2 = _ f (x) Bemerkung: An dieser Stelle wird wieder einmal deutlich, warum die Mathematik so „pedantisch“ ist, dass sie zwischen (x + 2)·(x – 2) ________ x – 2 und x + 2 kein Gleichheitszeichen setzt. „Kürzen“ durch einen Term ist eben nicht immer eine Äquivalenzumfor- mung. Es verändert die Definitionsmenge und bringt (mögliche) Unstetigkeitsstellen – in unserem Bei- spiel bei x = 2 – stillschweigend zum Verschwinden. 7.4 F 7.14b F 7.14c Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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