Reichel Mathematik 6, Schulbuch
230 Exkurs 6 Jugendliche entdecken jahrtausendealte Kunstwerke Am Donnerstag, den 12. September 1940, machten vier Jugendliche eine sensationelle Entdeckung: Marcel Ravidat, Jacques Marsal, Georges Agnel und Simon Coencas entdeckten bei Montignac an der Vezere im Department Dordogne in Frankreich eine Höhle mit fantastischen Zeichnungen. Bereits 25 m nach dem Höhleneingang sahen sie im Licht ihrer Lampen Zeichnungen von Stieren. Als man später die ganze Höhle untersuchte, die sich in mehrere Abschnitte gliedert, fand man etwa 600 gut erhaltene Malereien und etwa 1500 Gra- vierungen. Die ausdrucksvollen Darstellungen so- wohl auf den Decken als auch auf den Wänden zei- gen – teils überdimensional – Urrinder, Wildpferde, Hirsche und Steinböcke, ferner Wisente, Wildkat- zen, Maskentänzer und verschiedene symbolartige Zeichen wie Gitter und Pfeile. Beim Ausräumen der Höhlensedimente fand man Tierknochen (was darauf schließen lässt, dass die Höhle auch als Speisesaal diente), sowie Geschoss- spitzen aus Rengeweih. Ebenso entdeckte man die für die Anfertigung der Felsbilder benötigten Werk- zeuge, nämlich Feuersteinmeißel, Farbschalen mit den Pigmenten und Steinlämpchen. Die Frage war nun, wie alt die vorgefundenen Ma- terialien waren. Aus den Werkzeugen konnte man auf die jüngere Altsteinzeit schließen. Dies stimm- te auch mit anderen Höhlenfundstellen in der Ge- gend überein, von denen es etwa 150 gibt. Eine ge- nauere Altersbestimmung war erst einige Jahre später möglich, als W. F. LIBBY mit seinen Mitar- beitern ein Verfahren zur Altersbestimmung geolo- gischer und historischer organischer Gegenstände entwickelte, die 14 C- Methode. Diese beruht darauf, dass durch das Bombardement mit kosmischer Strahlung in der Erdatmosphäre Neutronen er- zeugt werden, die durch eine Kernreaktion mit dem Stickstoffisotop 14 N der Luft das Kohlenstoff- isotop 14 C entstehen lassen . 14 C ist radioaktiv und zerfällt mit einer Halbwerts- zeit von 5730 ± 40 Jahren wieder in 14 N. Da Erzeu- gung und Zerfall im Gleichgewicht stehen, ist der 14 C-Anteil im Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre konstant (Isotopenverhältnis 14 C : 12 C = 10 –12 : 1). 14 C verbindet sich (wie gewöhnlicher Kohlenstoff 12 C) mit Sauerstoff O 2 zu Kohlendioxid CO 2 . Dieses wird von den Pflanzen aufgenommen und der ent- haltene Kohlenstoff eingebaut. Auch Pflanzenfresser nehmen durch die Nahrungs- aufnahme dieses radioaktive Kohlenstoffisotop auf. Es befindet sich also in organischen Stoffen ständig ein bestimmter, wenn auch kleiner Prozentsatz 14 C, der entsprechend seiner Halbwertszeit zerfällt. Da nach dem Absterben eines Organismus kein Koh- lenstoff mehr eingebaut wird, kann aus dem heute noch vorhandenen Rest-Anteil an 14 C in einem sol- chen Objekt auf dessen Alter geschlossen werden. Das machte man im Jahr 1950 mit der dort vorge- fundenen Holzkohle, die ja aus der Zeit stammen F 1 Fig. 1 Nur zu Prüfzwecke – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=