Mathematik verstehen 4, Schulbuch

1.9 MERKwürdiges: Gibt es da noch mehr? 37 Zahlenmengen Dass nicht alle Gleichungen in der Menge der natürlichen Zahlen lösbar sind, ist offensichtlich; be- reits zur Lösung von 5 + x = 2 benötigt man die Menge der ganzen Zahlen. Bei 3 x = 2 ist die Menge der rationalen und bei x 2 = 8 die Menge der reellen Zahlen erforderlich. Nun könnte man annehmen, dass in der Menge R alle möglichen Gleichungen lösbar sein müssten. Betrachtet man jedoch die Gleichung x 2 + 1 = 0, nützen die reellen Zahlen auch nichts mehr, denn damit die Gleichung eine Lösung hat, müsste x 2 = ‒1 sein. Da aber das Quadrat jeder reellen Zahl positiv ist (zB: 3·3 = 9 oder (‒4)·(‒4) = 16), steht man vor einem großen Problem. Gibt es Zahlen, deren Quadrate negativ sind? Der italienische Mathematiker Gerolamo CARDANO (1501 – 1576) hat sich mit einer ähnlichen Frage beschäftigt. Er wollte beispielsweise die Gleichung x·(10 – x) = 30 lösen, fand aber als Lösungen dafür nur die Ausdrücke 5 + ​ 9 __ ‒ 5​und 5 – ​ 9 __ ‒ 5​, die er jedoch nicht als Zahlen anerkannte, da Wurzeln aus negativen Zahlen deshalb nicht definiert seien, weil es keine Zahlen gebe, deren Quadrate negativ sind. Setzt man die beiden Ausdrücke in die Gleichung für x ein, ergibt sich aber jeweils eine wahre Aussage: ​ “ 5 + ​ 9 __ ‒ 5​ § ·​ ​ “ 10 – ​ “ 5 + ​ 9 __ ‒ 5​ § ​ § ​= ​ “ 5 + ​ 9 __ ‒ 5​ § ·​ ​ “ 5 – ​ 9 __ ‒ 5​ § ​= 25 – (‒5) = 30 ​ “ 5 – ​ 9 __ ‒ 5​ § ·​ ​ “ 10 – ​ “ 5 – ​ 9 __ ‒ 5​ § ​ § ​= ​ “ 5 – ​ 9 __ ‒ 5​ § ·​ ​ “ 5 + ​ 9 __ ‒ 5​ § ​= 25 – (‒5) = 30 Ein anderer italienischer Mathematiker, Raffaele BOMBELLI (1526 – 1572), benennt Wurzeln aus negativen Zahlen „piu di meno“ (mehr von weniger) und „meno di meno“ (weniger von weniger) und stellt dafür sogar Rechenregeln auf, die letztlich heute noch Gültigkeit haben. Dies lässt darauf schließen, dass sein Grundgedanke einen wertvollen Ansatz geboten hat. Viele andere Mathematiker haben sich mit diesem Problem der geheimnisvollen Zahlen beschäftigt. So nennt René DESCARTES diese „imaginär“ und Leonhard EULER führt eine „Zahl“ i ein, sodass Folgendes gelten kann: i 2 = ‒1 . Damit und mit BOMBELLIs Rechenregeln kann man nun weitere ge- heimnisvolle Zahlen bilden: (2·i) 2 = 2 2 ·i 2 = 4·(‒1) = ‒4 (3·i) 2 = 3 2 ·i 2 = 9·(‒1) = ‒9 (4·i) 2 = 4 2 ·i 2 = 16·(‒1) = ‒16 … Und auf einmal hat man offenbar Zahlen geschaffen, deren Quadrate negativ sind. Komplexe Zahlen Mit dieser Idee lassen sich nun Zahlen der Form a + b·i (mit a, b * R ) bilden, wobei i die imaginäre Einheit ist, Zahlen der Form b·i imaginäre Zahlen und Zahlen der Form a + b·i komplexe Zahlen , bei denen a der Realteil und b·i der Imaginärteil ist. Die Menge der komplexen Zahlen wird mit C bezeichnet. Mehr dazu erfahrt ihr in Mathematik verstehen 7. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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