Mathematik verstehen 1, Schulbuch

I 3 Geometrische Figuren und Körper 7.5 MERKwürdiges: Wer kann einen Punkt zeichnen? 185 Nach einem Aussagesatz machen wir einen Punkt. Ist das aber auch ein Punkt im Sinn der Mathematik? Was ist ein Punkt in der Mathematik? Diese Frage beschäftigt die Mathematik schon über 2000 Jahre. Viele weitere Erklärungen und Beschreibungen für den grundlegendsten Begriff der Geometrie sind diesem im Lauf der Zeit gefolgt. Irgendwann ist man in der Mathematik jedoch zu dem Schluss ge- kommen, dass es gar nicht so wichtig sei, allgemein gültig darzulegen, was ein Punkt ist. Man kann nämlich auch ohne genaue Begriffsbestimmung trotzdem Geometrie betreiben. Der deutsche Mathematiker Moritz PASCH (1843–1930) meinte sogar, dass das Problem, was ein Punkt ist, nicht gelöst worden sei, es habe sich ganz einfach aufgelöst. Er war der Meinung, dass es ausreichend sei, sich mit den Regeln und Gesetzen in der Geometrie auszukennen. Einerseits ist es schade, dass man nicht eindeutig erklären kann, was ein Punkt ist. Andererseits ist es aber auch interessant und erheiternd zugleich, dass selbst die bedeutendsten Persönlichkeiten der Mathematik in den letzten 2000 Jahren keine brauchbare Deutung für den Begriff „Punkt“ gefun- den haben. Versuchen wir jedoch einen Punkt auf Papier oder an die Tafel zu zeichnen, entsteht in Wirklichkeit eine kleine Fläche, ein Fleck oder ein kleiner „Kreidehaufen“. Punkte sind Gedankendinge und lassen sich weder sehen noch zeichnen. Manchmal werden sie „unendlich klein“, manchmal „Gebilde ohne jede Ausdehnung“ genannt. Punkte im mathematischen Sinn des Wortes können wir also nicht zeichnen . Wir können aber mit kleinen Tinten-, Bleistift-, Filzstift- oder Kreideflecken andeuten, dass wir damit Punkte meinen . Die Ägypter vor ca. 2500 Jahren können zwar als Begründer der Geometrie gesehen werden, sie haben sich aber nicht mit der Frage auseinandergesetzt, was ein Punkt sein könnte, sondern einfach ganz praktisch Vermessungen durchgeführt. Der griechische Philosoph PLATON (427–347 v. Chr.) meint: „Ein Punkt ist der Anfang einer Linie.“ ARISTOTELES (384–322 v. Chr.) sieht den Punkt als eine „unteilbare Einheit, die eine Position besitzt“. EUKLID (um 300 v. Chr) hat als Erster die Grundlagen der Geometrie zusammen­ gefasst. Von ihm stammt das erste Mathe- matikbuch; es trägt den Titel „Elemente“. Der erste Satz darin lautet: „Ein Punkt ist, was keine Teile hat.“ Fragment aus EUKLIDs Werk „Elemente“ Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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