Begegnungen mit der Natur 4, Schulbuch

118 Genetik Der Mensch greift ein Schon vor mehr als 10 000 Jahren begannen die Menschen damit, die Fortpflanzung von Pflanzen und Tieren zu kontrollieren. Ziel war es, Nachkommen mit gewünschten erblichen Eigenschaften zu züchten. Durch die Auslese gelang es, Wildformen genetisch so zu verändern, dass sie den Anforderungen des Menschen entsprachen. Gentechnik greift in das Erbgut verändernd ein Mit den herkömmlichen Zuchtmethoden sind nur Kreuzungen zwi- schen eng verwandten Lebewesen möglich, um gewünschte Eigen- schaften hervorzubringen. Da auf einem Chromosom viele Gene lie- gen, werden dabei viele Merkmale gekoppelt vererbt. So kann es sein, dass mit den gewünschten Merkmalen (zB große Früchte) zusätzlich auch unerwünschte auftreten (zB unangenehmer Geruch). Mit fortschreitender Forschung und wichtigen Erkenntnissen im Be- reich der Genetik wurde es möglich, einzelne Gene aus Lebewesen zu isolieren und sie ins Erbmaterial anderer Lebewesen einzuschleu- sen (Gentechnik). Gentechnik ermöglicht auch eine Genübertragung zwischen nicht miteinander verwandten Lebewesen – sogar zwischen Pflanzen und Tieren. Gentechnik – Hoffnungsträger in der Medizin Seit 1990 versuchen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen her- auszufinden, welche Gene auf welchen Chromosomen liegen. Bis heute ist das weitgehend gelungen. Dies eröffnet der Medizin neue Möglich- keiten, zB im Bereich der Behandlung von Krankheiten. So werden seit 1982 das von Diabetikern benötigte Hormon Insulin (siehe Seite 83), seit 1986 ein Impfstoff gegen Hepatitis B (siehe Seite 101) und seit 1987 das Wachstumshormon Somatotropin (siehe Seite 81), das bei Wachstumshormonmangel bei Kindern eingesetzt wird, hergestellt. Dies geschieht in beliebiger Menge in Bakterienkulturen . Auch die Züchtung gentechnisch veränderter Zellen höherer Lebewe- sen ist bereits möglich. GentechnikverändertdasErbmaterial vonPflanzenundTieren Auch bei Pflanzen und Tieren wird Gentechnik bereits teilweise ange- wendet. Gentechnik bei Pflanzen zielt ua. darauf ab, sie länger haltbar undwider- standsfähig gegen Schädlinge oder ungünstige klimatische Bedingun- gen zumachen sowie ihre Fotosyntheseleistung und Ertragsfähigkeit zu steigern. Bekannte Beispiele hierfür sind die „ Anti-Matsch-Tomaten “ sowie Genmanipulationen bei Mais , Sojabohnen und Baumwolle . Gentechnik bei Tieren dient in erster Linie der Ertragssteigerung. Beispielsweise wird Tieren das menschliche Gen für das Wachstums- hormon verpflanzt, um ihr Wachstum zu beschleunigen. So erreichen sie früher ihr Schlachtgewicht. Bei Rindern, Schafen und Kaninchen ist es durch Genübertragung ge- lungen, die tierischen Leistungen (Milchleistung, Wachstum, Krank- heitsresistenz) zu beeinflussen. Auslese Durch Auslese werden ganz gezielt nur Individuen zur Fortpflanzung ausge- wählt, die Allele besitzen, die gewünsch- te Merkmale hervorbringen. Allele, die zu unerwünschten Merkmalen führen, werden so allmählich ausgesondert. Durch gezielte Kreuzung (Kombinations- züchtung) verschiedener Getreide-Wild- formen sind viele heutige Getreidesorten entstanden (siehe Band 3, Das Getreide). Bakterienkulturen Um die gewünschten Stoffe herzustellen, werden die dafür zuständigen Gene in das Erbmaterial von Bakterien eingebaut. Diese produzieren daraufhin die entspre- chenden Stoffe, die dann isoliert werden. Züchtung gentechnisch veränderter Zellen Im September 2001 haben chinesische Wissenschaftler erstmals menschliches Erbmaterial (den Zellkern einer Haut- zelle eines siebenjährigen Buben) in Kanincheneizellen eingepflanzt. Die„neu zusammengesetzten” Zellen begannen sich zu teilen. Wissenschaftler undWis- senschaftlerinnen sehen in der Züchtung solcher Zellen die Chance, geschädigte Gewebeteile (etwa Herzmuskelgewebe nach einem Herzinfarkt oder Insulin produzierende Zellen bei Diabetikern), ersetzen zu können. „Anti-Matsch-Tomaten“ Bei der Tomatenreifung sorgt ein be- stimmtes Enzym für den Abbau der Zellwände – die Früchte werden mat- schig. Deshalb werden die Früchte grün geerntet, wodurch sie jedoch nicht ihr volles Aroma entwickeln. Durch Gen- technik kann das Gen, das die Bildung des„Matsch-Enzyms“ bewirkt, blockiert werden. Mais, Sojabohnen, Baumwolle u. v. a. m. werden durch das Einschleu- sen eines zusätzlichen Gens gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel widerstandsfähig gemacht. So können Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt werden, die alle nicht gentechnisch ver- änderten Pflanzen auf der Anbaufläche abtöten. Wachstumshormon Durch das menschliche Wachstumshor- mon nehmen Schweine schneller zu. Karpfen, denen das Wachstumshormon von Forellen verpflanzt wurde, wachsen schneller. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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