Latein-Lektüre aktiv, Aus Mythos und Geschichte
MGH SS XXIV • Steine, Quellen und Legenden 107 VOCABULARIUM occurro 3 , occurri, sich zeigen; -cursum eintreten adeo ( Adv .) so sehr egregius , -a, -um außergewöhnlich ecclesia , -ae f . Kirche duro 1 andauern cesso 1 nachlassen rarus , -a, -um selten ( Adv . raro ) habitator , Einwohner habitatoris m . opprimo 3 , überwältigen oppressi, -pressum fortis , -e auch : stark vallis , vallis f . Tal transitus , transitus m . Durchzug retrorsum ( Adv .) zurück villa , -ae f . Hof; Dorf adiaceo 2 , -ui, – angrenzen totalis , -e gänzlich fons , fontis m . Quelle largus , -a, -um reichlich Die österreichische Erdbebenstatistik geht bis 1201 zurück. Das Beben von 1348 hatte sein Epi- zentrum in Friaul. Es wird mit Stärke 9-10 nach Mercalli eingestuft. Eine Sage aus Kärnten: Der Absturz des Dobratsch Bevor das furchtbare Erdbeben des Jahres 1348 den Dobratsch wanken machte, so dass er zur Hälfte abstürzte und viele Ortschaften verschüttete, soll sich Folgendes zugetra- gen haben: Am Tage Pauli Bekehrung hörte man bei Roggau an der Gail eine starke Stimme: „Peter, schleif dein Schwert. Schneid weg den halben Berg! Maria Magdalen lass stehn. Das andere lass gehn!“ Petrus antwortete: „Ich kann nicht, es stehen noch drei Säulen.“ Gott sprach: „So lass halt die Säulen stehen!“ Darauf folgte der Krach, der Berg spaltete sich in der Mitte, seine südliche Hälfte stürzte ins Gailtal hinab und verschüttete den Fluss und die Dörfer. Als die drei Säulen werden genannt: Zuerst eine Kapelle bei Neuhaus; dann ein Bauernhaus auf der Schutt. Hier war, so erzählt man, die fromme Bäuerin mit einem Mädchen allein zu Hause und gerade mit Brotbacken beschäftigt. Sie nahm das Brot vom Ofen und schickte das Mädchen in den Hof, um Schaten [Holzspäne] für das Feuer zu holen. Das Mädchen kam ohne Holz zurück und sagte: „Ich kann keine Schaten klauben, es ist alles voll weißer Tauben.“ Die Bäuerin und das Mädchen knie- ten sogleich zum Gebete nieder. Bald darauf hörten sie den furchtbaren Krach des Bergsturzes, ihnen aber geschah nichts. Das dritte, das vom Erdbeben verschont blieb, war die Kirche zu Siebenbrünn. In diese hatten sich die Schafe von der Weide geflüchtet. Die Spuren ihrer Füße sind noch heute in der Kirche zu sehen. Sieben- brünn aber heißt diese, weil alles ringsherum verschüttet wurde. Nur unterhalb der Kirche kommt von sieben Quellen Wasser hervor. Weiter erzählen die Leute, dass die Pfarrkirche von Villach während des Gottesdiens- tes eingestürzt sei. Auf dem Kirchturm war ein Engel angebracht. Dieser fiel in der Italienerstraße an der Stelle nieder, wo heute noch ein Gasthaus „Zum Engelwirt“ heißt. Auch wird erzählt, dass man noch drei Tage nach dem Erdbeben aus der Tiefe des Bodens herauf einen Hahn habe krähen hören. Aus : Georg Graber , Sagen aus Kärnten . 6 . Aufl ., Leykam-Verlag, Graz 1944 . 36 lacus , lacus m .: See 37 modicus , -a, -um: mäßig 38 effluo 3 , effluxi, –: herausströmen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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